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Die Anatomie des Kunden

Die Anatomie der Kund:innen

13.06.2019

Was zählt bei einer Kaufentscheidung eigentlich wirklich und warum die Customer Experience entscheidend ist: Herz oder Hirn? Das ist hier die Frage.

Wir Menschen treffen täglich ca. 20.000 Entscheidungen. Wenn Sie nun an Ihre letzte Entscheidung zurück denken, fragen Sie sich sicherlich, wie das funktionieren soll. Naja, die letzte Entscheidung, an die Sie jetzt denken, haben Sie wahrscheinlich bewusst getroffen. Doch die meisten Entscheidungen treffen wir blitzschnell und intuitiv, also unbewusst. Ob Sie nun losrennen um die Bahn noch zu bekommen oder gerade noch bei orange auf’s Gas drücken um über die Kreuzung zu rauschen: Sie merken nicht einmal, dass Sie eine Entscheidung getroffen haben. Recherchiert man zu dem Thema, wird nicht immer klar, ob nun die sachlich hinterfragten Entscheidungen die besseren sind oder die intuitiv getroffenen. Definitiv sind die intuitiven Entscheidungen die schnelleren und oftmals eben auch nicht die schlechteren.

Macht der Intuition

Mit jeder Entscheidung, die wir treffen, schließen wir Alternativen aus. Kaufe ich einen Audi, schließe ich alle anderen Automarken aus (zumindest ist das Budget bei den meisten darauf beschränkt). Doch warum entscheiden wir uns für einen Audi und nicht für eine der vielen alternativen Marken? Status spielt sicherlich eine Rolle. Doch zumeist ist es der damit verbundene Nutzen. Auf rein logischer Ebene, da man ein komfortables und zuverlässiges Gefährt braucht. Zudem hat man mit hohen Wahrscheinlichkeit gute Erfahrungen mit einem Audi gemacht hat. Diese Erfahrungen sind dabei auf objektiver Ebene wichtig, aber auch unsere Intuition speist sich aus der Summe der Erfahrungen. Habe ich gute Erfahrungen mit einem iPhone gemacht, werde ich höchstwahrscheinlich beim Kauf eines Tablets oder bei der Anschaffung eines Wearables wieder Apple mit in die engere Auswahl nehmen. Und obwohl das Apple Produkt unumstritten das teuerste ist, kaufe ich vielleicht die Apple Watch - wie Sie merken, die reine Nutzenmaximierung greift hier nicht, sondern die alternativen Möglichkeiten und die Erfahrungen.

Tests bestätigen, dass die Intuition sehr machtvoll ist und oftmals das Gefühl, also das Herz, über den Verstand, das Gehirn, siegt. Es ist tatsächlich sogar so, dass wir ohne die Fähigkeit zu fühlen nicht in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen.

Nicht Logik, nicht Intelligenz, Gefühle bestimmen unsere Entscheidungen*

Und genau deshalb ist es wichtig, allen Kund:innen eine positive Erfahrung mit einem Produkt, dem Service, ja sogar mit dem gesamten Unternehmen zu geben.

Customer Experience ist die Summe der Erfahrungen, die Kund:innen mit einer Marke machen. Es beschreibt also viel mehr als nur den Kundenservice, sondern alle Erlebnisse rund um ein Produkt oder eine Dienstleistung. Kundenservice - idealerweise perfekt gemacht - ist somit die Pflicht, und Customer Experience die Kür. Somit wird auch deutlich, warum jedes Kundenerlebnis zählt, denn selbst wenn wir nicht alle Erfahrungen bewusst abrufen können, so sind sie doch in unserer Intuition verankert.
Der Nutzen eines tollen Produktes tritt in den Hintergrund, wenn ich bei einer Retoure erhöhten Aufwand habe. Deshalb sollte jede Erfahrung und jedes Erlebnis ein positives sein, denn wir rufen dieses ab: ob bewusst oder unbewusst spielt im Endeffekt eine untergeordnete Rolle.

Effektiver und freundlicher Service ist eine Pflicht und noch lange nicht die Kür: Technologie bildet die Basis und Effizienz ist der Treiber.
Da sollten wir uns ein paar Wahrheiten bewusst machen: Sprechen ist schneller als Schreiben. In unserer effizienzgetriebenen Gesellschaft spielen Sekunden eine Rolle - deshalb wählen die meisten Kund:innen den einfachen und schnellen Weg, mit Unternehmen in Kontakt zu treten. Sprache - neudeutsch “Voice” - egal ob klassisch am Telefon mit Mitarbeiter:innen oder mit dem Voicebot, ehemals als Sprachcomputer oder IVR bekannt - ist immer noch der wichtigste Kommunikationskanal. Zwingen Sie also niemals Ihre Kundschaft auf andere Kanäle. Mensch und Technologie sollten ineinander greifen, denn Kund:innen wünschen sich einfache, komfortable und schnelle Interaktionen. Technologie ebnet dabei den Weg und kann uns dank künstlicher Intelligenz positiv überraschen. Denn diese wird es laut Zukunftsforscher Sven Gábor Jánszky bewerkstelligen, dass wir schneller als Echtzeit agieren können.

Zauberwort: Mitarbeiterzufriedenheit

Doch laut einer PWC Studie ist in Deutschland der Anteil der Kund:innen, die mit einem Menschen interagieren wollen, am höchsten - er liegt bei 84%. (In Japan ist diese Zahl übrigens mit knapp über 50% am geringsten.) Technologie ist also “nur” die Grundvoraussetzung für guten Kundenservice - die Kür absolvieren empathische, authentische und kompetente Mitarbeiter:innen, die im Zweifelsfall auch selbst eine Entscheidung im Sinne der Kund:innen und somit im Sinne des Unternehmens treffen dürfen.

Mitarbeiterzufriedenheit ist und bleibt das Zauberwort für jegliche Kundenbindung in Deutschland: Für 55% der Kund:innen haben Mitarbeiter:innen den größten Einfluss auf ihre Service-Erlebnisse. 75% sagen sogar laut PWC, dass Sie sich mehr menschliche Aktionen wünschen, nicht weniger. Diese Zahlen belegen, dass die Mitarbeiterzufriedenheit der Grundstein für ein positives Kundenerlebnis ist. Zu neudeutsch keine Customer Experience ohne Employee Experience. Die Mitarbeiter:innen sind die besten Markenbotschafter:innen - sie kreieren das Erlebnis.

Sich allein darauf zu verlassen, dass Sie das beste Produkt haben, reicht nicht mehr. Sorgen Sie für exzellenten Kundenservice und ein ganzheitlich positives Kundenerlebnis mithilfe Ihrer Angestellten - das ist Ihr entscheidender Wettbewerbsvorteil.

Meine Tipps

  1. Schaffen Sie Erlebnisse, denn die Brand Experience wird wichtiger als einzelne Feature.
  2. Hören Sie auf die "Voice of the Customer", denn Kund:innen verzeihen nur wenige Fehler.
  3. Stärken Sie Ihre wichtigsten Markenbotschafter:innen: Ihre Mitarbeiter:innen.

Autor: Ralf Mühlenhöver

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